Agilität ist in aller Munde. Für die einen ist es ein Reizwort, andere lieben es und viele verstehen überhaupt nicht, worum es geht. Agil Führen bedeutet, überschaubare Ziele zu formulieren und auf den Weg dahin in kurzen Zyklen miteinander Maßnahmen zu planen, die Umsetzung zu koordinieren, die Ergebnisse zu reflektieren und die gemeinsame Tätigkeit kontinuierlich zu verbessern.
Der Weg der kleinen Schritte und das kontinuierliche Verbessern spielen die zentrale Rolle. In einer agilen Meetingkultur findet der Austausch über Ziele, Fortschritte und Ergebnisse im Team in kurzen Intervallen und nach klaren Regeln statt. Die Dokumentation von Projektständen an Kanban-Boards fördert das zügige Bearbeiten von Aufträgen und das effektive Treffen von Entscheidungen. Auf diese Weise können Fehlplanungen schnell entdeckt und korrigiert werden. Auftauchende Probleme sind Schätze für kreative neue Lösungen. In einem fortwährenden Lernprozess werden die Geschäftsprozesse immer weiter an die individuellen Bedürfnisse von Kunden und Mitarbeitern angepasst.
Grundsätzlich ist agiles Führen einfach und für jede Organisation eignet. Doch viele scheuen den Einführungsaufwand und vor allem die Veränderung von gewohnten Verhaltensweisen.
Wenn Sie auch lieber alles beim Alten lassen wollen, dann lesen Sie bitte weiter. Hier meine acht Tipps, wie Sie die Einführung von Agilität erfolgreich verhindern können:
Tipp #1: Finden Sie möglichst viele Argumente gegen agiles Führen
Treffen Sie keine Entscheidung für agiles Führen. Diskutieren Sie stattdessen möglichst lange und ausführlich darüber, dass Agilität nicht zu ihrer Organisation passt bzw. dass sich ihre Organisation nicht dafür eignet und eben einfach ganz anders ist als die Organisationen, für die das passt.
Tipp #2: Führen Sie keine Stand-Up Meetings durch
Führen Sie keine 15-minütigen Stand-Up Meeting zu Beginn jedes Tages durch. Ihr Team hätte damit die Möglichkeit sich darüber auszutauschen, woran jeder an diesem Tag arbeitet und wo er ggf. Hilfe braucht. Stellen Sie auf keinen Fall die Fragen: „Was brauche ich, um meine heutige Arbeit fertig zu stellen?“ und „Wie kann ich meine Kollegen bei ihrer heutigen Aufgabe unterstützen?“ Das würde den Informationsstand im Team und die Kommunikation untereinander deutlich verbessern.
Tipp #3: Visualisieren Sie Ziele und Aufgaben nicht an Kanban-Boards
Hängen Sie auf keinen Fall eine Wand zum Visualisieren von Zielen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten auf. Schreiben Sie niemals Aufgaben auf Post-Its und lassen Sie das Visualisieren von Fortschritten in den Spalten „Todo“, „In progress“, „Done“ nicht zu. Das würde das Team zu stark motivieren, ihre Aufgaben im vorgesehenen Zeitraum zu erledigen.
Tipp #4: Verändern Sie nichts an Ihrer Besprechungskultur
Halten Sie sich auf keinen Fall an die agile Meetingstruktur im Zyklus „planen, durchführen, reflektieren und verbessern“ wie im Bild oben. Führen Sie insbesondere keine Planning und Retrospektive Meetings durch. Sie könnten dadurch tatsächlich Projekte zügiger und hochwertiger bearbeiten, systematisch Fehler identifizieren, daraus lernen und Veränderungen an ihren Prozessen kontinuierlich vornehmen.
Tipp #5: Vertrauen Sie Ihrem Team nicht und kontrollieren Sie alles
Trauen Sie Ihrem Team nicht zu, dass es selbständig arbeiten kann. Hinterfragen Sie jede Aktivität und Maßnahme, zögern Sie Entscheidungen heraus und lassen sie keineswegs Fehler zu. Verhindern Sie vor allem über Probleme zu sprechen und wie sie in Lösungen verwandelt werden können. Auf diese Weise kann keine Kultur des kontinuierlichen Verbesserns entstehen.
Tipp #6: Stecken Sie keine klaren Ziele und verhindern Sie eindeutige Rollen
Lassen Sie Ihre Mitarbeiter im Unklaren, wozu die neuen Methoden angewendet werden. Sprechen Sie stattdessen möglichst ausführlich und mit vielen neuen Begrifflichkeiten (wie Sprint, Backlog, Block List, etc.) über agiles Führen. Stecken Sie keine klaren Etappenziele und verhindern Sie das Festlegen von Rollen mit entsprechenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten im Team.
Tipp #7: Trainieren Sie auf keinen Fall die agilen Methoden
Führen Sie möglichst keine Trainings zum Kennenlernen der agilen Methoden durch. Reflektieren Sie auf keinen Fall Ihre bestehende Besprechungskultur auf Verbesserungspotenziale. Das könnte dazu führen, dass Sie entdecken, dass die agilen Methoden tatsächlich in Ihrer Organisation auch außerhalb des IT-Bereichs angewendet werden können.
Tipp #8: Setzen Sie alles daran, dass jeder für sich kämpft
Holen Sie sich keine professionelle Unterstützung, bringen Sie sich nicht auf einen gemeinsamen Wissenstand und entwickeln sie keine einheitliche gemeinsame Vorgehensweise. So führt jeder auf seine Weise agil. Damit bleibt ganz sicher alles beim Alten. Es kursieren dann zwar viele neue Begriffe, aber nach einiger Zeit wird „Agiles Führen“ mit dem Satz „Das hat bei uns nicht funktioniert.“ verabschiedet.